Was bringt das Baulandmobilisierungsgesetz?

Der Deutsche Bundestag hat sich am 28.01.2021 in erster Lesung mit dem Regierungsentwurf des Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz – Drs. 19/24838) befasst, durch den das Baugesetzbuch (BauGB) novelliert werden soll. Nach kontroverser Debatte wurde der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen überwiesen. Es wird erwartet, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause 2021 vom Bundestag verabschiedet wird.

Durch die geplante Gesetzesänderung soll ein schnelleres Aktivieren von Bauland zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum ermöglicht werden. Um dies zu erreichen, sollen die bestehenden gemeindlichen Handlungsinstrumente zur Baulandmobilisierung erweitert und planungsrechtliche Erleichterungen für Wohnbauentwicklungen eingeführt werden.

Einführung von sektoralen Bebauungsplänen

Durch die bis Ende 2024 befristete Neuregelung des § 9 Abs. 2d BauGB soll für die Gemeinden die Möglichkeit geschaffen werden, in sog. sektoralen Bebauungsplänen für den Wohnungsbau für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 BauGB oder im Geltungsbereich eines übergeleiteten Bebauungsplans Anforderungen an Wohnnutzungen vorzugeben. In einem sektoralen Bebauungsplan können Festsetzungen für Flächen getroffen werden, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen. Darüber hinaus können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, für die die Anforderungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllt sind oder bei denen sich ein Vorhabenträger dazu verpflichtet, hinsichtlich einzelner oder für alle Wohnungen die Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten. Durch diese Regelung soll die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und von Sozialwohnungen unterstützt werden.

Die Einführung von sektoralen Bebauungsplänen nach 9 Abs. 2d BauGB wird insbesondere von Seiten der Immobilienbranche scharf kritisiert, weil hierdurch den Bauherren das effektive Instrument des § 34 zur Schaffung von neuem Wohnraum genommen und gleichzeitig die Bebauungsmöglichkeiten der Grundstücke im Geltungsbereich des sektoralen Bebauungsplans beschränkt werden. Diese Kritik ist nicht unbegründet. Zur Vermeidung von Fehlern bei der Aufstellung von sektoralen Bebauungsplänen zur Überplanung bebauter Gebiete sollten Gemeinden deshalb die rechtlichen Anforderungen an die Erforderlichkeit und die Vollzugsfähigkeit der Planung besonders beachten.

Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts

Zur Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts soll in § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB klargestellt werden, dass auch die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde und die Förderung der Innenentwicklung auf der Grundlage eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts zu den Gründen des Wohls der Allgemeinheit gehören, die die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen können. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts soll von bisher 2 auf künftig 3 Monate verlängert werden (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Diese Fristverlängerung soll den Kommunen gerade bei komplexeren Verfahren ermöglichen, eine rechtssichere Ausübung des Vorkaufsrechts zu gewährleisten.

Darüber hinaus soll gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB der Anwendungsbereich des Vorkaufsrechts in Gebieten, die planungsrechtlich vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden dürfen, auf Grundstücke mit geringfügiger Bebauung erweitert werden. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Eigentümer eines großen Grundstücks durch eine völlig untergeordnete Bebauung die Anwendung des Vorkaufsrechts verhindern kann.

Neu eingefügt wird das besondere Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BauGB, das besteht, wenn in einem Gebiet städtebauliche oder bauliche Missstände vorliegen und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen (sog. Schrottimmobilien).

Außerdem soll in § 25 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ein neues, besonderes Vorkaufsrecht für unbebaute, geringfügig bebaute oder brachliegende Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (§ 34 BauGB) eingeführt werden. Voraussetzung für das Entstehen dieses Vorkaufsrechts ist nicht nur der Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung, sondern zusätzlich der Erlass einer Satzung, durch die bestimmt wird, dass das betroffene Grundstück in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt i.S.v. § 201a BauGB liegt. 

In dem Gesetzentwurf zum Baulandmobilisierungsgesetz ist keine Regelung zur Anwendbarkeit kommunaler Vorkaufsrechte auf grundstücksbezogene Veräußerungsgeschäfte durch Share Deals vorgesehen. Dies wird von kommunaler Seite vielfach kritisiert, da es sich bei größeren Immobilientransaktionen meist um Share Deals handelt und auch bei kleineren Transaktionen Vorkaufsrechte durch gesellschaftsrechtliche Konstruktionen schlicht umgangen werden können. Das Land Berlin hat deshalb im Februar 2021 einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, durch den das gemeindliche Vorkaufsrecht auch auf Share Deals erweitert werden soll (Drs. 124/21). Die Beratung über diesen Antrag war zunächst für Anfang März angesetzt, wurde aber auf unbestimmte Zeit verschoben, so dass aktuell nicht damit zu rechnen ist, dass eine entsprechende Regelung noch Eingang in das Baulandmobilisierungsgesetz findet.

Erweiterung von Baugeboten

Nach der neu aufgenommenen Regelung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 BauGB sollen Gemeinden in einem durch Satzung bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt i.S.v. § 201a BauGB anordnen dürfen, dass ein Grundstück mit einer oder mehreren Wohneinheiten zu bebauen ist, wenn in dem Bebauungsplan Wohnnutzungen zugelassen sind. Dabei kann die Gemeinde auch ein den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechendes Maß der Nutzung anordnen. Dies ist auch dann möglich, wenn der Bebauungsplan neben Wohnnutzungen andere Nutzungen zulässt, also in urbanen Gebieten nach § 6a BauNVO und in Mischgebieten nach § 6 BauNVO. Nach bisher geltendem Recht kann nur eine den Anforderungen des Bebauungsplans entsprechende Bebauung angeordnet werden. Die Möglichkeiten der Kommunen zur Durchsetzung von Wohnungsbau über ein Baugebot werden durch die Neuregelung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 BauGB erheblich erweitert.

Die neu gefasste Regelung des § 176 Abs. 3 BauGB erweitert die Fälle, in denen die Gemeinde von einem Baugebot abzusehen hat. Dies gilt wie bisher in Fällen, in denen die Durchführung des Vorhabens dem Eigentümer aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist. Eine weitere Ausnahme soll bestehen, wenn dem Eigentümer die Durchführung des Vorhabens zur Erhaltung der Entscheidungsbefugnis über die Nutzung des Grundstücks für seinen Ehegatten oder eine in gerader Linie verwandte Person nicht zuzumuten ist. Durch diese neue Ausnahmeregelung soll ermöglicht werden, dass Grundstücke z.B. zur Altersvorsorge oder zur finanziellen Absicherung im Familienbesitz gehalten werden. Sie gilt allerdings gemäß dem Gesetzeswortlaut zunächst nur für eine Frist von 5 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes. Eine Evaluierung der Regelung ist vorgesehen.

Ein Eigentümer kann im Falle der Anordnung eines Baugebots auch weiterhin von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangt, wenn ihm die Durchführung der Baumaßnahme wirtschaftlich nicht zuzumuten ist. In diesem Fall muss die Gemeinde das Grundstück allerdings nicht mehr wie bisher selbst erwerben und die Bebauung sicherstellen. Gemäß der neuen Regelung des § 176 Abs. 4 Satz 2 BauGB kann das Grundstück auch zu Gunsten einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, eines gemeinwohlorientierten Wohnungsbauunternehmens, einer Wohnungsbaugenossenschaft oder einer gemeinwohlorientierten Stiftung übernommen werden. Hierdurch soll verhindert werden, dass Gemeinden mangels eigener finanzieller oder personeller Leistungsfähigkeit von der Durchsetzung von Baugeboten absehen. Zudem können Kosten gespart werden, da der doppelte Anfall von Grunderwerbskosten im Falle einer Weiterveräußerung des Grundstücks an Dritte zum Zwecke der Bebauung vermieden wird.

Städtebauliche Entwicklungskonzepte

Die neue Regelung des § 176 a BauGB ermächtigt die Gemeinde zur Aufstellung eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts, das Aussagen zum räumlichen Geltungsbereich, zu Zielen und zur Umsetzung von Maßnahmen erhält, die der Stärkung der Innenentwicklung dienen. Gemäß § 176 Abs. 2 Satz 1 BauGB soll das städtebauliche Entwicklungskonzept insbesondere der baulichen Nutzbarmachung von im Gemeindegebiet ohne Zusammenhang verteilt liegenden unbebauten oder nur geringfügig bebauten bzw. brachliegenden Grundstücken dienen. Obwohl an ein solches städtebauliches Entwicklungskonzept keine besonderen Anforderungen wie zum Beispiel vorbereitende Untersuchungen o. ä. gestellt werden, kann es nach § 176a Abs. 2 Satz 2 BauGB zur Begründung von Maßnahmen zur Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde, einschließlich der Begründung von Baugeboten herangezogen werden.

Die Gemeinde kann demnach im Rahmen eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts Grundstücke identifizieren, auf denen eine Nachverdichtung mit dem Ziel der Wohnbebauung möglich ist und hierdurch die planvolle Anwendung von Baugeboten nach § 176 Abs. 2 BauGB verfolgen. Falls Eigentümer sich durch Veräußerung der Grundstücke einem Baugebot entziehen wollen, kann die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht ausüben, das gemäß dem neuen § 24 Abs. 3 Nr. 2 BauGB bei Vorliegen eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts dem Wohl der Allgemeinheit dient.

Umwandlungsverbot

Die neue Regelung des § 250 BauGB soll die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen auch außerhalb des Geltungsbereichs von sozialen Erhaltungssatzungen einschränken. Danach können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten i.S.v. § 201a BauGB bestimmen. In diesen Gebieten bedarf bei bereits bestehenden Wohngebäuden die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 WEG der Genehmigung. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass in Bestandswohngebäuden mit mehreren Wohnungen Eigentum an einzelnen Wohnungen entstehen kann. Hierdurch sollen bestehende Mietwohnungen erhalten und vor einem Zugriff durch Immobilienspekulanten geschützt werden. Die Neuregelung des § 250 BauGB erfasst lediglich Bestandsgebäude, nicht hingegen Neubauten. Diese können von Anfang an mit Eigentumswohnungen oder Teileigentumseinheiten entstehen.

250 Abs. 3 Nr. 1 – 3 BauGB regelt Fälle, in denen die Genehmigung zur Bildung von Wohnungseigentum stets zu erteilen ist. Dabei wurden im Wesentlichen Tatbestände der Genehmigungsansprüche im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen übernommen (§ 172 Abs. 4 Nr. 2, 3 BauGB). Zusätzlich soll in § 250 Abs. 3 Nr. 3 ein Anspruch auf Genehmigung für den Fall geregelt werden, dass „das Wohnungs- oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll“.

Insbesondere diese Regelung eröffnet Raum für Auseinandersetzungen. Danach reicht lediglich die „Absicht“ der Veräußerung von mindestens zwei Dritteln der Wohnungen an Mieter zur eigenen Nutzung aus, um einen Genehmigungsanspruch zu begründen. Die Sicherstellung der Umsetzung dieser Absicht ist nicht gefordert. Es ist absehbar, dass von der Absichtsbekundung des § 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB umfangreich Gebrauch gemacht werden wird, wenn es bei dem Wortlaut im Gesetzentwurf bleibt. Das Umwandlungsverbot des § 250 BauGB wäre dann kaum geeignet, den Aufkauf von Gebäuden mit Mietwohnungen und deren Umwandlung in Eigentumswohnungen insbesondere durch Immobilienspekulanten wirksam zu verhindern. Die Gemeinden werden deshalb voraussichtlich um eine enge Auslegung der Ausnahmeregelung des § 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB bemüht sein. Ob § 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB dafür Raum bietet, erscheint allerdings fraglich.

Erleichterte Erteilung von Befreiungen nach § 31 BauGB

Durch Änderungen des § 31 BauGB soll die Erteilung von Befreiungen zu Gunsten von Wohnbauvorhaben erleichtert werden. Zu diesem Zweck wird § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB um eine Regelung ergänzt, wonach die Gründe des Wohls der Allgemeinheit als Voraussetzung für die Erteilung einer Befreiung auch die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung einschließen. Daneben soll ein neuer Absatz 3 eingefügt werden, wonach in durch Satzung bestimmten Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden kann, auch wenn die Grundzüge der Planung berührt sind. Dieser neue Befreiungstatbestand ist befristet bis zum 31. Dezember 2024. Der neue Befreiungstatbestand des § 31 Abs. 3 BauGB ermöglicht erhebliche Abweichungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans. Zulässig sind nicht nur Abweichungen vom Maß der zulässigen Nutzung, sondern auch von der Art der zulässigen Nutzung. Voraussetzung für eine Befreiung ist allerdings auch hier, dass der Befreiung öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen nicht entgegenstehen.

Für Gemeinden, die von der Möglichkeit der Aufstellung einer Satzung für ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt i.S.v. § 201a BauGB Gebrauch machen, eröffnet die Regelung des § 31 Abs. 3 BauGB erhebliche Potenziale für Wohnbauentwicklungen. Die Regelung ermöglicht sowohl die Wohnbebauung auf Gewerbebrachen als auch die Nachverdichtung auf bebauten oder unbebauten Grundstücken oder die Umnutzung von Gewerbeimmobilien. Es ist allerdings darauf zu achten, dass der neue Befreiungstatbestand maßvoll und mit Bedacht angewendet wird. Bei einer Befreiung von der zulässigen Art der Nutzung ist der nachbarschützende Gebietsgewährleistungsanspruch im Rahmen der Ermessensentscheidung zu beachten. Außerdem darf eine exzessive Befreiungspraxis nicht dazu führen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans funktionslos werden.

Erweiterung der Abweichungen nach § 34 Abs. 3a BauGB

Nach der bisherigen Regelung des § 34 Abs. 3a BauGB sind Abweichungen vom Einfügungsgebot für Wohnbebauung nur im Einzelfall zulässig. Künftig sollen entsprechende Abweichungen auch wiederholt zulässig sein.

Damit sollen Nutzungsänderungen von Gewerbe- oder Handwerksbetrieben zu Wohnzwecken im unbeplanten Innenbereich auch dann zulässig sein, wenn hierdurch eine Umstrukturierung des Gebiets eingeleitet wird. Da sich dies auf die Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets hinsichtlich Lärmimmissionen auswirken kann, kann die erweiterte Zulassung von Nutzungsänderungen auf der Grundlage von § 34 Absatz 3a BauGB z.B. in faktischen Gewerbegebieten für die dort ansässigen Gewerbetreibenden problematisch sein und zu Rechtsstreitigkeiten führen.  Bei der Zulassung von Abweichungen nach § 34 Abs. 3a BauGB ist deshalb in hohem Maße darauf zu achten, dass vorhandene gewerbliche Nutzungen nicht durch Wohnnutzungen eingeschränkt oder gar verdrängt werden.

Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt

Einige der neu eingeführten Handlungsinstrumente sind nur in Gebieten anwendbar, die die Gemeinde durch Satzung bzw. im Falle des § 250 BauGB die Landesregierung durch Rechtsverordnung als „Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt“ bestimmt hat. Nach der Definition des neu eingefügten § 201a BauGB soll ein solches Gebiet vorliegen, „wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“, in mehreren Regelbeispielen wird dargestellt, wann dies insbesondere der Fall sein kann.

Die in § 201a BauGB dargestellten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gebiets mit einem angespannten Wohnungsmarkt sind identisch mit den in § 556d Abs. 2 BGB geregelten Voraussetzungen für den Erlass einer Mietpreisbegrenzungsverordnung (Mietpreisbremse). In der Praxis hat sich bereits gezeigt, dass große Schwierigkeiten darin bestehen, rechtssichere Regelungen zu Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu schaffen. Dies zeigen Urteile, durch die in mehreren Bundesländern Mietpreisbegrenzungsverordnungen der Landesregierungen für unwirksam erklärt wurden, weil es an einer hinreichenden Begründung fehlte (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2019 – VIII ZR 130/18 (juris); LG München, Urteil vom 06.12.2017 – 14 S 10058/17 (juris); LG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2019 – 13 S 181/18 (juris); LG Hamburg, Urteil vom 16.08.2018 – 333 S 28/17 (juris); AG Köln, Urteil vom 19.12.2019 – 230 C 79/19 (juris)). Diese Rechtsprechung ist auch bei der Bestimmung von Gebieten i.S.v. § 201a BauGB zu beachten.

Erleichterung der Wohnnutzung im Außenbereich und in ländlichen Gebieten

Durch eine Änderung des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB soll die Nutzungsänderung von vormals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden zu Wohnzwecken erleichtert werden. So sind nach § 35 Abs. 4 Nr. 1f BauGB künftig statt 3 Wohnungen je Hofstelle 5 Wohnungen je Hofstelle zulässig. Im Falle eines Ersatzbaus nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 BauGB muss der Eigentümer das vorhandene Gebäude zum Zeitpunkt des Neubaus nicht mehr selbst nutzen. Es reicht vielmehr aus, wenn er das Gebäude in der Vergangenheit für längere Zeit bewohnt hat. Zum Zeitpunkt des Neubaus kann das Gebäude leer stehen oder von Dritten genutzt werden.

Mit der Regelung des neuen § 5a BauNVO soll die Gebietskategorie des dörflichen Wohngebiets (MDW) neu geschaffen werden. Dörfliche Wohngebiete sollen dem Wohnen sowie der Unterbringung von land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen und nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben dienen. Die Nutzungsmischung muss nicht gleichwertig sein. Der wesentliche Unterschied zwischen dörflichen Wohngebieten und Dorfgebieten im Sinne von § 5 BauNVO liegt darin, dass Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher (Vollerwerbs)Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, die im Dorfgebiet allgemein zulässig sind, im dörflichen Wohngebiet nur ausnahmsweise zugelassen werden dürfen. Hierdurch soll das Zusammenleben auf dem Land erleichtert, ein störungsfreies Nebeneinander von Wohnnutzungen und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ermöglicht und auf diese Weise Wohnbaupotenzial in dörflichen Gebieten mobilisiert werden.

Als weitere Regelung zur Wohnbaulandmobilisierung im Außenbereich ist die Wiedereinführung des § 13b BauGB vorgesehen. Diese Regelung ist am 31.12.2019 außer Kraft getreten und soll befristet bis zum 31.12.2022 wieder eingeführt werden. Sie ermöglicht für Bebauungspläne zur Festsetzung von Wohnnutzungen mit einer Grundfläche von weniger als 10.000 m², die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, die Einbeziehung in das vereinfachte Verfahren nach § 13a BauGB.

Umwandlung der Obergrenzen des § 17 BauNVO in Orientierungswerte

Die in § 17 Abs. 1 BauNVO bislang als „Obergrenzen“ geregelten Werte für das Maß der baulichen Nutzung sollen durch eine Änderung des § 17 BauNVO in „Orientierungswerte“ für die Bestimmung des Maßes der Flächennutzung umgewandelt werden. Hierdurch soll die bisherige Regelungssystematik, nach der die Einhaltung der Obergrenzen in der Bauleitplanung den Regelfall darstellt und ein Überschreiten die im Rahmen strikter Grenzen begründungspflichtige Ausnahme bildet, aufgegeben werden. Die Gemeinden sollen unter Berücksichtigung der Bestandssituation oder auch regelhaft höhere Werte für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung festlegen dürfen, als in der Tabelle zu § 17 Abs. 1 BauNVO dargestellt. Eine Ausgleichspflicht, wie sie bislang in § 17 Absatz 2 BauNVO als Voraussetzung für eine Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 Abs. 1 BauNVO geregelt war, soll nicht mehr bestehen. Hierdurch wird der Entscheidungsspielraum der Gemeinden betreffend die Bebauungsplanfestsetzungen zum Maß der Nutzung erheblich erweitert. Sie können sich künftig weiterhin an die Orientierungswerte des § 17 BauNVO halten. Abweichungen davon sind aber ohne weiteres zulässig. Sie sollten allerdings im Bebauungsplan begründet werden, damit dieser abwägungsfehlerfrei ist.

Ausblick

Das Baulandmobilisierungskonzept birgt für Gemeinden und Investoren Chancen und Risiken. Den Gemeinden werden zusätzliche Instrumente für die Mobilisierung von Baulandpotenzial an die Hand gegeben, die die Rechte von Grundstückseigentümer allerdings empfindlich beschneiden können. Eigentümer und Investoren können von erleichterten Genehmigungsvoraussetzungen für Wohnbebauung insbesondere bei Vorhaben der Innenentwicklung aber auch im Außenbereich profitieren.

Es erscheint absehbar, dass es bei der Anwendung der erweiterten gemeindlichen Handlungsoptionen zur Baulandmobilisierung zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Eigentümern und Gemeinden kommen wird, weil damit zum Teil erhebliche Eingriffe in die private Handlungsfreiheit und das Eigentum verbunden sind. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob das Baulandmobilisierungsgesetz tatsächlich zu einer schnelleren Aktivierung von Bauland und zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum führt und nicht in erster Linie Rechtsanwälte und Verwaltungsgerichte beschäftigen wird.

Ansprechpartner

Dr. Stephanie Terfehr

Öffentliches Recht und Vergabe, Bauen und Immobilien

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