Update zur BauGB-Novelle: Bundestag beschließt Baulandmobilisierungsgesetz

Der Deutsche Bundestag hat am 07.05.2021 das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz – Drs. 19/24838) in der vom Bauausschuss geänderten Fassung (Drs. 19/29396) beschlossen.

Durch dieses Gesetz wird das BauGB novelliert, um eine schnellere Aktivierung von Bauland zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, werden die bestehenden gemeindlichen Handlungsinstrumente zur Baulandmobilisierung erweitert und planungsrechtliche Erleichterungen für Wohnbauentwicklungen eingeführt.

Einführung von sektoralen Bebauungsplänen

Durch die bis Ende 2024 befristete Neuregelung des § 9 Abs. 2d BauGB wird für die Gemeinden die Möglichkeit geschaffen, in sog. sektoralen Bebauungsplänen für den Wohnungsbau für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 BauGB oder im Geltungsbereich eines übergeleiteten Bebauungsplans Anforderungen an Wohnnutzungen vorzugeben. In einem sektoralen Bebauungsplan können Festsetzungen für Flächen getroffen werden, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen. Darüber hinaus können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, für die die Anforderungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllt sind oder bei denen sich ein Vorhabenträger dazu verpflichtet, hinsichtlich einzelner oder für alle Wohnungen die Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten. Durch diese Regelung soll die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und von Sozialwohnungen unterstützt werden.

Die Einführung von sektoralen Bebauungsplänen nach 9 Abs. 2d BauGB wird insbesondere von Seiten der Immobilienbranche scharf kritisiert, weil hierdurch den Bauherren das effektive Instrument des § 34 zur Schaffung von neuem Wohnraum genommen und gleichzeitig die Bebauungsmöglichkeiten der Grundstücke im Geltungsbereich des sektoralen Bebauungsplans beschränkt werden. Diese Kritik ist nicht unbegründet. Zur Vermeidung von Fehlern bei der Aufstellung von sektoralen Bebauungsplänen zur Überplanung bebauter Gebiete sollten Gemeinden deshalb die rechtlichen Anforderungen an die Erforderlichkeit und die Vollzugsfähigkeit der Planung besonders beachten.

Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts

Zur Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts wird in § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB klargestellt, dass auch die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde zu den Gründen des Wohls der Allgemeinheit gehören, die die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen können. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts wird von bisher 2 auf künftig 3 Monate verlängert (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Diese Fristverlängerung soll den Kommunen gerade bei komplexeren Verfahren ermöglichen, eine rechtssichere Ausübung des Vorkaufsrechts zu gewährleisten.

Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB gilt ein gemeindliches Vorkaufsrecht auch weiterhin für unbebaute Grundstücke in Gebieten, die planungsrechtlich vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden dürfen. Um Rechtsklarheit zu schaffen, wird nunmehr der Begriff des unbebauten Grundstücks erläutert: Danach gilt ein Grundstück auch dann als unbebaut, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist. Ob mit dieser Formulierung die gewünschte Rechtsklarheit bewirkt wird, erscheint fraglich. Bezüglich (lediglich) eingefriedeter Grundstücke ist dies sicherlich der Fall. Die Frage, in welchen Fällen eine Bebauung zu erkennbar vorläufigen Zwecken gegeben ist, erscheint aber klärungsbedürftig und birgt Konfliktpotenzial. 

Neu eigeführt wird das besondere Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BauGB, das besteht, wenn in einem Gebiet städtebauliche oder bauliche Missstände vorliegen und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen (sog. Schrottimmobilien).

Außerdem regelt § 25 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ein neues, besonderes Vorkaufsrecht für unbebaute und brachliegende Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (§ 34 BauGB. Voraussetzung für das Entstehen dieses Vorkaufsrechts ist nicht nur der Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung durch die Gemeinde, sondern zusätzlich der Erlass einer Rechtsverordnung durch die Landesregierung, durch die bestimmt wird, dass das betroffene Grundstück in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt i.S.v. § 201a BauGB liegt. Das Vorkaufsrecht nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 erlischt mit Ende der Geltungsdauer einer solchen Verordnung.

Mit einer Änderung des § 28 Abs. 3 Satz 1 wird den Gemeinden generell die Möglichkeit eröffnet, ein Grundstück im Rahmen des Vorkaufsrechts zum Verkehrswert zu erwerben. Diese Möglichkeit bestand bislang nur unter der Voraussetzung, dass der Verkehrswert den Kaufpreis in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich überschreitet; die Frage wann dies der Fall war, führte in der Praxis häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Die nunmehrige Änderung soll Auseinandersetzungen über den Kaufpreis vermeiden und zu einer deutlichen Preisdämpfung für die Gemeinden führen. Für Grundstückseigentümer hat die Änderung voraussichtlich zur Folge, dass sie verstärkt mit der Ausübung von Vorkaufsrechten der Gemeinden rechnen müssen und sich nicht sicher sein können, bei der Veräußerung ihres Grundstücks den besten Preis erzielen zu können.

Erweiterung von Baugeboten

Nach der neu aufgenommenen Regelung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 BauGB sollen Gemeinden in einem nach § 201a durch Verordnung bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt anordnen dürfen, dass ein Grundstück mit einer oder mehreren Wohneinheiten zu bebauen ist, wenn in dem Bebauungsplan Wohnnutzungen zugelassen sind. Dabei kann die Gemeinde auch ein den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechendes Maß der Nutzung anordnen. Dies ist auch dann möglich, wenn der Bebauungsplan neben Wohnnutzungen andere Nutzungen zulässt, also in urbanen Gebieten nach § 6a BauNVO und in Mischgebieten nach § 6 BauNVO. Nach bisher geltendem Recht kann nur eine den Anforderungen des Bebauungsplans entsprechende Bebauung angeordnet werden. Die Möglichkeiten der Kommunen zur Durchsetzung von Wohnungsbau über ein Baugebot werden durch die Neuregelung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 BauGB erheblich erweitert.

Die neu gefasste Regelung des § 176 Abs. 3 BauGB erweitert die Fälle, in denen die Gemeinde von einem Baugebot abzusehen hat. Dies gilt wie bisher in Fällen, in denen die Durchführung des Vorhabens dem Eigentümer aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist. Eine weitere Ausnahme soll bestehen, wenn dem Eigentümer die Durchführung des Vorhabens zur Erhaltung der Entscheidungsbefugnis über die Nutzung des Grundstücks für seinen Ehegatten oder eine in gerader Linie verwandte Person nicht zuzumuten ist. Durch diese neue Ausnahmeregelung soll ermöglicht werden, dass Grundstücke z.B. zur Altersvorsorge oder zur finanziellen Absicherung im Familienbesitz gehalten werden. Sie gilt allerdings gemäß dem Gesetzeswortlaut zunächst nur für eine Frist von 5 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes. Eine Evaluierung der Regelung ist vorgesehen.

Ein Eigentümer kann im Falle der Anordnung eines Baugebots auch weiterhin von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn ihm die Durchführung der Baumaßnahme wirtschaftlich nicht zuzumuten ist. In diesem Fall muss die Gemeinde das Grundstück allerdings nicht mehr wie bisher selbst erwerben und die Bebauung sicherstellen. Gemäß der neuen Regelung des § 176 Abs. 4 Satz 2 BauGB kann das Grundstück auch zu Gunsten einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft übernommen werden, wenn diese innerhalb angemessener Frist in der Lage ist, das Baugebot zu erfüllen und sich hierzu verpflichtet. Hierdurch soll verhindert werden, dass Gemeinden mangels eigener finanzieller oder personeller Leistungsfähigkeit von der Durchsetzung von Baugeboten absehen. Zudem können Kosten gespart werden, da der doppelte Anfall von Grunderwerbskosten im Falle einer Weiterveräußerung des Grundstücks an eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft zum Zwecke der Bebauung vermieden wird.

Städtebauliche Entwicklungskonzepte

Die neue Regelung des § 176 a BauGB ermächtigt die Gemeinde zur Aufstellung eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts, das Aussagen zum räumlichen Geltungsbereich, zu Zielen und zur Umsetzung von Maßnahmen erhält, die der Stärkung der Innenentwicklung dienen. Gemäß § 176 Abs. 2 Satz 1 BauGB soll das städtebauliche Entwicklungskonzept insbesondere der baulichen Nutzbarmachung von im Gemeindegebiet ohne Zusammenhang verteilt liegenden unbebauten oder brachliegenden Grundstücken dienen.

Die Gemeinde kann demnach im Rahmen eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts Grundstücke identifizieren, auf denen eine Nachverdichtung mit dem Ziel der Wohnbebauung möglich ist und hierdurch die planvolle Anwendung von Baugeboten nach § 176 Abs. 2 BauGB verfolgen. Falls Eigentümer sich durch Veräußerung der Grundstücke einem Baugebot entziehen wollen, kann die Gemeinde bei Vorliegen der Voraussetzungen ihr Vorkaufsrecht nach §§ 24, 25 ausüben.

Umwandlungsverbot

Die neue Regelung des § 250 BauGB soll die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen auch außerhalb des Geltungsbereichs von sozialen Erhaltungssatzungen einschränken, wenn die Landesregierungen durch Rechtsverordnung Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten i.S.d. § 201a bestimmt. § 250 Abs. 1 Satz 3 begründet dafür eine Verordnungsermächtigung; entsprechende Verordnungen müssen allerdings spätestens mit Ablauf des 31.12.2025 außer Kraft treten. Die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum bei Wohngebäuden oder Teileigentum nach § 1 WEG bedarf in den derart bestimmten Gebieten der Genehmigung. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass in Bestandswohngebäuden mit mehreren Wohnungen ohne weiteres Eigentum an einzelnen Wohnungen entstehen kann. Hierdurch sollen bestehende Mietwohnungen erhalten und vor einem Zugriff durch Immobilienspekulanten geschützt werden.

Das Genehmigungserfordernis gilt gemäß § 250 Abs. 1 Satz 2 nicht, wenn sich in dem Gebäude nicht mehr als 5 Wohnungen befinden; allerdings kann die Landesregierung in ihrer Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 Satz 3 eine davon abweichende Anzahl an Wohnungen bestimmen, die zwischen 3 und 15 liegen kann. Die Neuregelung des § 250 BauGB erfasst keine Neubauten, sondern lediglich Bestandsgebäude, die am Tag des Erlasses der Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 Satz 3 bereits bestanden. Diese können von Anfang an mit Eigentumswohnungen oder Teileigentumseinheiten entstehen.

250 Abs. 3 Nr. 1 – 3 BauGB regelt Fälle, in denen die Genehmigung zur Bildung von Wohnungseigentum stets zu erteilen ist. Dabei wurden im Wesentlichen Tatbestände der Genehmigungsansprüche im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen übernommen (§ 172 Abs. 4 Nr. 2, 3 BauGB). Zusätzlich soll in § 250 Abs. 3 Nr. 3 ein Anspruch auf Genehmigung für den Fall geregelt werden, dass „das Wohnungs- oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll“.

Insbesondere diese Regelung eröffnet Raum für Auseinandersetzungen. Danach reicht lediglich die „Absicht“ der Veräußerung von mindestens zwei Dritteln der Wohnungen an Mieter zur eigenen Nutzung aus, um einen Genehmigungsanspruch zu begründen. Die Sicherstellung der Umsetzung dieser Absicht ist nicht gefordert. Es ist absehbar, dass von der Absichtsbekundung des § 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB umfangreich Gebrauch gemacht werden wird. Das Umwandlungsverbot des § 250 BauGB wäre dann kaum geeignet, den Aufkauf von Gebäuden mit Mietwohnungen und deren Umwandlung in Eigentumswohnungen insbesondere durch Immobilienspekulanten wirksam zu verhindern. Die Gemeinden werden deshalb voraussichtlich um eine enge Auslegung der Ausnahmeregelung des § 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB bemüht sein. Streitigkeiten darüber, ob § 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB dafür Raum bietet, scheinen vorprogrammiert.

Erleichterte Erteilung von Befreiungen nach § 31 BauGB

Durch Änderungen des § 31 BauGB wird die Erteilung von Befreiungen zu Gunsten von Wohnbauvorhaben erleichtert. Zu diesem Zweck wird § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB um eine Regelung ergänzt, wonach die Gründe des Wohls der Allgemeinheit als Voraussetzung für die Erteilung einer Befreiung auch die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung einschließen. Daneben wird ein neuer Absatz 3 eingefügt, wonach in den durch Rechtsverordnung der Landesregierung nach § 201a bestimmten Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden kann, auch wenn die Grundzüge der Planung berührt sind. Von diesem neuen Befreiungstatbestand können die Kommunen bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201 a Gebrauch machen (längstens bis zum 31.12.2026). Er ermöglicht erhebliche Abweichungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans; zulässig sind nicht nur Abweichungen vom Maß der zulässigen Nutzung, sondern auch von der Art der zulässigen Nutzung. Voraussetzung für eine Befreiung ist allerdings auch hier, dass der Befreiung öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen nicht entgegenstehen.

§ 31 Abs. 3 eröffnet erhebliche Potenziale für Wohnbauentwicklungen. Die Regelung ermöglicht sowohl die Wohnbebauung auf Gewerbebrachen als auch die Nachverdichtung auf bebauten oder unbebauten Grundstücken oder die Umnutzung von Gewerbeimmobilien. Es ist allerdings darauf zu achten, dass der neue Befreiungstatbestand maßvoll und mit Bedacht angewendet wird. Bei einer Befreiung von der zulässigen Art der Nutzung ist der nachbarschützende Gebietsgewährleistungsanspruch im Rahmen der Ermessensentscheidung zu beachten. Außerdem darf eine exzessive Befreiungspraxis nicht dazu führen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans funktionslos werden.

Erweiterung der Abweichungen nach § 34 Abs. 3a BauGB

Nach der bisherigen Regelung des § 34 Abs. 3a BauGB sind Abweichungen vom Einfügungsgebot für Wohnbebauung nur im Einzelfall zulässig. Künftig sollen entsprechende Abweichungen auch wiederholt zulässig sein.

Damit sollen Nutzungsänderungen von Gewerbe- oder Handwerksbetrieben zu Wohnzwecken im unbeplanten Innenbereich auch dann zulässig sein, wenn hierdurch eine Umstrukturierung des Gebiets eingeleitet wird. Da sich dies auf die Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets hinsichtlich Lärmimmissionen auswirken kann, kann die erweiterte Zulassung von Nutzungsänderungen auf der Grundlage von § 34 Absatz 3a BauGB z.B. in faktischen Gewerbegebieten für die dort ansässigen Gewerbetreibenden problematisch sein und zu Rechtsstreitigkeiten führen.  Bei der Zulassung von Abweichungen nach § 34 Abs. 3a BauGB ist deshalb in hohem Maße darauf zu achten, dass vorhandene gewerbliche Nutzungen nicht durch Wohnnutzungen eingeschränkt oder gar verdrängt werden.

Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt

Einige der neu eingeführten Handlungsinstrumente sind nur in Gebieten anwendbar, die nach § 201a von der jeweiligen Landesregierung durch Rechtsverordnung als „Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt“ bestimmt wurden. Nach der Definition des neu eingefügten § 201a BauGB soll ein solches Gebiet vorliegen, „wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“, in mehreren Regelbeispielen wird dargestellt, wann dies insbesondere der Fall sein kann.

Die in § 201a BauGB dargestellten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gebiets mit einem angespannten Wohnungsmarkt sind identisch mit den in § 556d Abs. 2 BGB geregelten Voraussetzungen für den Erlass einer Mietpreisbegrenzungsverordnung (Mietpreisbremse). In der Praxis hat sich bereits gezeigt, dass große Schwierigkeiten darin bestehen, rechtssichere Regelungen zu Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu schaffen. Dies zeigen Urteile, durch die in mehreren Bundesländern Mietpreisbegrenzungsverordnungen der Landesregierungen für unwirksam erklärt wurden, weil es an einer hinreichenden Begründung fehlte (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2019 – VIII ZR 130/18 (juris); LG München, Urteil vom 06.12.2017 – 14 S 10058/17 (juris); LG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2019 – 13 S 181/18 (juris); LG Hamburg, Urteil vom 16.08.2018 – 333 S 28/17 (juris); AG Köln, Urteil vom 19.12.2019 – 230 C 79/19 (juris)). Diese Rechtsprechung ist auch bei der Bestimmung von Gebieten i.S.v. § 201a BauGB zu beachten. Wohl aus diesem Grund wurde in § 201a (ebenso wie in § 250) ausdrücklich geregelt, dass die Rechtsverordnung begründet werden muss und dass sich aus der Begründung ergeben muss, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt.

Erleichterung der Wohnnutzung im Außenbereich und in ländlichen Gebieten

Durch eine Änderung des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB soll die Nutzungsänderung von vormals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden zu Wohnzwecken erleichtert werden. So sind nach § 35 Abs. 4 Nr. 1f BauGB künftig statt 3 Wohnungen je Hofstelle 5 Wohnungen je Hofstelle zulässig. Im Falle eines Ersatzbaus nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 BauGB muss der Eigentümer das vorhandene Gebäude zum Zeitpunkt des Neubaus nicht mehr selbst nutzen. Es reicht vielmehr aus, wenn er das Gebäude in der Vergangenheit für längere Zeit bewohnt hat. Zum Zeitpunkt des Neubaus kann das Gebäude leer stehen oder von Dritten genutzt werden.

Mit der Regelung des neuen § 5a BauNVO soll die Gebietskategorie des dörflichen Wohngebiets (MDW) neu geschaffen werden. Dörfliche Wohngebiete sollen dem Wohnen sowie der Unterbringung von land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen und nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben dienen. Die Nutzungsmischung muss nicht gleichwertig sein. Der wesentliche Unterschied zwischen dörflichen Wohngebieten und Dorfgebieten im Sinne von § 5 BauNVO liegt darin, dass Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher (Vollerwerbs)Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, die im Dorfgebiet allgemein zulässig sind, im dörflichen Wohngebiet nur ausnahmsweise zugelassen werden dürfen. Hierdurch soll das Zusammenleben auf dem Land erleichtert, ein störungsfreies Nebeneinander von Wohnnutzungen und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ermöglicht und auf diese Weise Wohnbaupotenzial in dörflichen Gebieten mobilisiert werden.

Als weitere Regelung zur Wohnbaulandmobilisierung im Außenbereich ist die Wiedereinführung des § 13b BauGB vorgesehen. Diese Regelung ist am 31.12.2019 außer Kraft getreten und soll befristet bis zum 31.12.2022 wieder eingeführt werden. Sie ermöglicht für Bebauungspläne zur Festsetzung von Wohnnutzungen mit einer Grundfläche von weniger als 10.000 m², die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, die Einbeziehung in das vereinfachte Verfahren nach § 13a BauGB.

Umwandlung der Obergrenzen des § 17 BauNVO in Orientierungswerte

Die in § 17 Abs. 1 BauNVO bislang als „Obergrenzen“ geregelten Werte für das Maß der baulichen Nutzung sollen durch eine Änderung des § 17 BauNVO in „Orientierungswerte“ für die Bestimmung des Maßes der Flächennutzung umgewandelt werden. Hierdurch soll die bisherige Regelungssystematik, nach der die Einhaltung der Obergrenzen in der Bauleitplanung den Regelfall darstellt und ein Überschreiten die im Rahmen strikter Grenzen begründungspflichtige Ausnahme bildet, aufgegeben werden. Die Gemeinden sollen unter Berücksichtigung der Bestandssituation oder auch regelhaft höhere Werte für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung festlegen dürfen als in der Tabelle zu § 17 Abs. 1 BauNVO dargestellt. Eine Ausgleichspflicht, wie sie bislang in § 17 Absatz 2 BauNVO als Voraussetzung für eine Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 Abs. 1 BauNVO geregelt war, soll nicht mehr bestehen. Hierdurch wird der Entscheidungsspielraum der Gemeinden betreffend die Bebauungsplanfestsetzungen zum Maß der Nutzung erheblich erweitert. Sie können sich künftig weiterhin an die Orientierungswerte des § 17 BauNVO halten. Abweichungen davon sind aber ohne weiteres zulässig. Sie sollten allerdings im Bebauungsplan begründet werden, damit dieser abwägungsfehlerfrei ist.

Ausblick

Das Baulandmobilisierungskonzept birgt für Gemeinden und Investoren Chancen und Risiken. Den Gemeinden werden zusätzliche Instrumente für die Mobilisierung von Baulandpotenzial an die Hand gegeben, die die Rechte von Grundstückseigentümer allerdings empfindlich beschneiden können. Eigentümer und Investoren können von erleichterten Genehmigungsvoraussetzungen für Wohnbebauung insbesondere bei Vorhaben der Innenentwicklung aber auch im Außenbereich profitieren.

Es erscheint absehbar, dass es bei der Anwendung der erweiterten gemeindlichen Handlungsoptionen zur Baulandmobilisierung zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Eigentümern und Gemeinden kommen wird, weil damit zum Teil erhebliche Eingriffe in die private Handlungsfreiheit und das Eigentum verbunden sind. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob das Baulandmobilisierungsgesetz tatsächlich zu einer schnelleren Aktivierung von Bauland und zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum führt und nicht in erster Linie Rechtsanwälte und Gerichte beschäftigen wird.

Ansprechpartner

Dr. Stephanie Terfehr

Öffentliches Recht und Vergabe, Bauen und Immobilien

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