Corona-Krise: Insolvenzantragsverpflichtung soll ausgesetzt werden

Wichtig für alle Geschäftsführer, Aufsichtsräte und Gesellschafter von Kapitalgesellschaften (GmbH, Aktiengesellschaft, Genossenschaft) und Personengesellschaften in Form einer GmbH & Co. KG:

Die Insolvenzantragspflicht soll nach Angaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz bis zum 30.09.2020 ausgesetzt werden. In der Pressemitteilung heißt es hierzu:

Um zu vermeiden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können, soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden. Voraussetzung für die Aussetzung soll sein, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen. Darüber hinaus soll eine Verordnungsermächtigung für das BMJV für eine Verlängerung der Maßnahme höchstens bis zum 31.03.2021 vorgeschlagen werden.

Aufgrund des massiven Umsatzeinbruchs stehen insbesondere die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften und von GmbH & Co. KG´s vor der Frage, inwieweit sie verpflichtet sind, kurzfristig einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit stellen zu müssen, um einer zivilrechtlichen Haftung und strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Die derzeitige gesetzliche Regelung des § 15a der Insolvenzordnung sieht vor, dass die Mitglieder des Vertretungsorgans verpflichtet sind, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag über das Vermögen der Gesellschaft zu stellen.

Auf der Grundlage der Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz soll die Suspendierung der Insolvenzantragspflichten von folgenden Voraussetzungen abhängen:

  • Die Zahlungsunfähigkeit muss ihre Ursache in der Corona-Epidemie haben.
  • Es müssen öffentliche Mittel beantragt und/oder ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen geführt werden.
  • Es muss eine begründete Aussicht auf Sanierung bestehen.

Für die Beratungspraxis stellen sich nunmehr viele offene Fragen, insbesondere:

  1. Greift diese beabsichtigte Regelung auch bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit?
  2. Greift die beabsichtigte Regelung auch für den Insolvenzgrund der Überschuldung?
  3. Darf ein Geschäftsführer bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit (noch) darauf vertrauen, dass die gesetzliche Regelung zeitnah umgesetzt wird  oder sollte vorsichtshalber ein Insolvenzantrag gestellt werden?
  4. Können bereits vorsichtshalber eingereichte Insolvenzanträge im Vertrauen auf das Zustandekommen der gesetzlichen Regelung wieder zurückgenommen werden?
  5. Was ist unter ernsthaften Finanzierungs- und Sanierungsverhandlungen zu verstehen? Inwieweit müssen diese Verhandlungen dokumentiert werden?
  6. Wie ist die begründete Aussicht auf Sanierung zu belegen? Ist eine vollständige integrierte Unternehmensplanung zu erstellen?

Die Politik hat neben der Ankündigung zur Suspendierung der Insolvenzantragspflichten bereits weitere Maßnahmen zur Überwindung der Liquiditätskrise ergriffen bzw. in Aussicht gestellt, so insbesondere

  • die Einrichtung eines Nothilfefonds und weiterer Hilfspakete sowie KfW-Programme zur Liquiditäts- und Kreditversorgung der Unternehmen,
  • Steuerstundungen und -herabsetzungen und
  • eine vereinfachte Gewährung von Kurzarbeitergeld.

Jeder Geschäftsführer muss, je nach Struktur und Ausrichtung des Unternehmens, entscheiden, welche dieser Maßnahmen als Grundlage für die weitere Liquiditätsplanung und zur Überwindung der Liquiditätskrise sinnvoll und umsetzbar sind, insbesondere im Zusammenspiel mit den weiterhin in Betracht kommenden klassischen Sanierungsinstrumenten, wie beispielsweise

  • der Abschluss von Zahlungsmoratorien,
  • die Reduzierung von Debitorenlaufzeiten,
  • die straffe Organisation des Forderungsmanagements,
  • Sale-and-Lease Back-Vereinbarungen und
  • Einführung von Factoring.

Die Situation stellt Geschäftsführer/Aufsichtsräte/Gesellschafter vor enorme Herausforderungen.

Die weitere Entwicklung werden wir für Sie im Auge behalten und stehen Ihnen gerne für eine Beratung zur Verfügung.

Ansprechpartner

Dr. Andreas Schröder

Wirtschaft und Finanzen, Isolvenzen und Sanierungen

0201 1095 702 | schroeder@raehp.de