Streifzug durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)
Am 1. Januar 2024 ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, abgekürzt MoPeG, in Kraft getreten. Bereits vor etwas mehr als einem Jahr haben wird die grundlegenden Neuerungen des MoPeG erläutert (https://www.heinemann-und-partner.de/gesetz-zur-modernisierung-des-personengesellschaftsrechts/). Der vorliegende Beitrag soll diese Darstellung ergänzen.
Das MoPeG ist ein umfassendes Reformgesetz, das eine Vielzahl von Rechtsvorschriften – auch außerhalb des Gesellschaftsrechts – berührt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist es ratsam, sich zu Beginn die vier „Eckpfeiler“ vor Augen zu führen, auf denen die Reformbemühung ruht.
Diese sind:
„Konsolidierung“ des GbR-Rechts. Gemeint ist damit, dass die seit vielen Jahren gelebte Rechtspraxis mitunter erheblich von den gesetzlichen Vorschriften der §§ 705 ff. BGB abweicht. Dieses von Rechtsprechung und Lehre entwickelte „Gewohnheitsrecht“ soll nun in Rechtsnormen „gegossen“ werden. In der Folge soll sich die GbR passgenauer in das Regelungssystem der Personengesellschaften einfügen.
Die Behebung des sogenannten Publizitätsdefizits im Recht der BGB-Gesellschaft. Die GbR erhält ein eigenes öffentliches Register: Das Gesellschaftsregister.
Die Personenhandelsgesellschaften oHG und KG erhalten ein auf sie zugeschnittenes Beschlussmängelrecht in §§ 110 ff. HGB n.F.
Angehörige freier Berufe können sich zu Personenhandelsgesellschaften zusammenschließen, soweit ihr Standesrecht dies zulässt.
Namentlich die Einführung des Gesellschaftsregisters stellt Gesellschafter vor die Frage, ob für sie (dringender) Handlungsbedarf besteht oder anders: „Muss ich meine GbR zur Eintragung zum Gesellschaftsregister anmelden?“
Der Großteil der Neuerungen betrifft das Recht der GbR, auf die sich dieser Beitrag beschränkt. Die Änderungen im Recht der oHG und KG sowie die Auswirkungen des MoPeG im GmbH-Recht, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des GmbH-Beschlussmängelrechts, bleiben einem gesonderten Beitrag vorbehalten.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Das MoPeG führt zu weitreichenden strukturellen Veränderungen im Recht der BGB-Gesellschaft.
1. Strukturmerkmale der „neuen GbR“
Das bisherige Recht der GbR stellt sich als Gemengelage aus den §§ 705 ff. BGB und Gewohnheitsrecht dar. Zentrales Anliegen des Reformgesetzgebers war es, diese gewohnheitsrechtlichen Institute in positives Recht zu überführen.
Hervorzuheben sind insofern die Bestimmungen zur Rechtsfähigkeit, zur Vermögensfähigkeit und zum Haftungsregime.
Rechtsfähigkeit
Die bisherige Rechtspraxis unterschied die Gesellschaften bürgerlichen Rechts in Innengesellschaften und Außengesellschaften. Außengesellschaften treten im Rechtsverkehr auf, Innengesellschaften nicht. In der wegweisenden BGH-Entscheidung „ARGE Weißes Ross“ vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00) erkannte der zweite Zivilsenat die Teilrechtsfähigkeit der Außen-GbR und insoweit auch die Rechts- und Vermögensfähigkeit an. Wichtige Konsequenz der Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit war die akzessorische Gesellschafterhaftung der GbR-Gesellschafter, die Nachhaftung für ausgeschiedene Gesellschafter sowie die Haftung eintretender Gesellschafter in analoger Anwendung der Vorschriften des HGB für Personenhandelsgesellschaften.
Es sind diese zentralen Strukturvorstellungen, die der MoPeG-Gesetzgeber zum 1. Januar 2024 in den §§ 705 ff. BGB n.F. umsetzt.
Zentraler Baustein des neuen GbR-Rechts ist der Begriff der Rechtsfähigkeit. Das Gesetz unterscheidet zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger GbR. Die rechtsfähige GbR kann selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Demgegenüber dient die nicht rechtsfähige GbR den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihrer Rechtsverhältnisse untereinander.
Die Regelung des § 705 Abs. 2 BGB greift damit die überkommene Unterscheidung von Außen- und Innengesellschaften auf. Die Außengesellschaft entspricht der rechtsfähigen GbR, die Innengesellschaft der nicht rechtsfähigen.
Dabei erwirbt die rechtsfähige GbR ihre Rechtsfähigkeit gemäß § 719 Abs. 1 BGB n.F. durch Eintragung im Gesellschaftsregister oder durch Aufnahme des Geschäftsbeginns. Daraus folgt, dass die Eintragung im Gesellschaftsregister für die Rechtsfähigkeit der GbR nicht konstitutiv, sondern deklaratorisch ist: Jede eingetragene GbR ist rechtsfähig, aber nicht jede rechtsfähige GbR ist im Gesellschaftsregister eingetragen. Auf die genaue Funktionsweise des Gesellschaftsregisters wird noch an späterer Stelle eingegangen.
Vermögensfähigkeit
Nach tradierter Rechtslage gingen die Rechtsfähigkeit und die Vermögensfähigkeit der Außengesellschaft Hand in Hand. Konsequenterweise koppelt auch § 713 BGB n.F. die Vermögensfähigkeit der GbR an ihre Rechtsfähigkeit. Danach bilden die Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die GbR erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten das Vermögen der rechtsfähigen GbR.
Die nicht rechtsfähige GbR hingegen hat gemäß § 740 Abs. 1 BGB kein Vermögen. Das Prinzip des gesamthänderisch gebundenen Vermögens wird damit sowohl für die rechtsfähige als auch für die nicht rechtsfähige GbR aufgegeben.
Gesellschafterhaftung
In der Folge erfährt auch die Gesellschafterhaftung eine Neuregelung: § 721 BGB n.F. greift die bisher analog hergeleitete akzessorische, unmittelbare, primäre, unbeschränkte und gesamtschuldnerische Gesellschafterhaftung auf. Die zuvor aus analoger Anwendung von Vorschriften aus dem HGB hergeleiteten Institute des Einwendungsschutzes, der Nachhaftung und der Haftung des eintretenden Gesellschafters sind nunmehr im BGB für die GbR geregelt.
2. Das neue Gesellschaftsregister für die GbR
Öffentliche Register (Handelsregister, Vereinsregister etc.) ermöglichen dem Rechtsverkehr, die Existenz, Identität und ordnungsgemäße Vertretung einer Vereinigung festzustellen. Der Konzeption nach sorgen öffentliche Register somit für Rechtssicherheit sowie Rechtsklarheit und sie erleichtern Vereinigungen die Teilnahme am Rechtsverkehr.
Für die GbR existierte bislang kein eigenes öffentliches Register, was vom Reformgesetzgeber als „Publizitätsdefizit“ wahrgenommen wurde.
Bisherige Rechtslage: Geringe Registerpublizität der GbR durch Objektspublizität
Wollte eine GbR bisher in registerrelevanter Weise am Rechtsverkehr teilnehmen, galt für sie der Grundsatz, dass im einschlägigen Register neben der GbR selbst immer auch ihre Gesellschafter einzutragen waren, da diese in ihrer Gesamtheit die GbR registerrechtlich repräsentierten. Sollte beispielsweise einer Besitz- und Verwaltungs-GbR eine Immobilie übertragen werden, so waren neben der GbR selbst auch alle Gesellschafter ins Grundbuch einzutragen, § 47 Abs. 2 GBO a.F. Die infolge der Eintragung in das „Objektregister“ Grundbuch eingetretene Offenkundigkeit der GbR wird als Objektspublizität bezeichnet.
Künftige Rechtslage: Das Gesellschaftsregister und die Subjektspublizität der GbR
Um das Publizitätsdefizit der GbR zu beheben, sieht das MoPeG die Errichtung eines öffentlichen Registers für Gesellschaften bürgerlichen Rechts vor, das Gesellschaftsregister genannt wird. In das Gesellschaftsregister wird die GbR als eigenes Rechtssubjekt eingetragen.
Sinn und Zweck der Eintragungsmöglichkeit ist es, den Rechtsverkehr unter Beteiligung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu erleichtern und Missbrauchsmöglichkeiten abzubauen. Eine grundsätzliche Eintragungspflicht sehen die genannten Vorschriften jedoch nicht vor. Für viele Gesellschaften bürgerlichen Rechts wird die Eintragung in das Gesellschaftsregister jedoch kaum zu vermeiden sein. Hintergrund ist folgender: Soll eine GbR in ein anderes Register als das Gesellschaftsregister eingetragen werden – beispielsweise als Grundstückseigentümerin in das Grundbuch oder als Kommanditistin einer KG in das Handelsregister –, so setzt diese angestrebte Eintragung ihrerseits voraus, dass die GbR bereits im Gesellschaftsregister voreingetragen ist. Im Schrifttum ist daher von Voreintragungsobliegenheiten die Rede.
Voreintragungsobliegenheiten
Voreintragungsobliegenheiten finden sich im Personengesellschaftsrecht, im GmbH-Recht, im Aktienrecht und mittelbar im Transparenzregisterrecht.
Voreintragungsobliegenheit bei Beteiligung einer GbR an einer Personengesellschaft
Nur eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts können als Gesellschafter einer eingetragenen Personengesellschaft registriert werden.
Das heißt: Will die nicht im Gesellschaftsregister eingetragene A-GbR als Gesellschafterin der eingetragenen B-GbR in das Gesellschaftsregister eingetragen werden, so muss sich die A-GbR zunächst selbst im Gesellschaftsregister eintragen lassen.
Gleiches gilt für die Beteiligung einer GbR an einer oHG bzw. für die Beteiligung einer GbR an einer Kommanditgesellschaft.
Voreintragungsobliegenheit bei Beteiligung einer GbR an einer GmbH und an einer AG
Der neue § 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG n.F. bestimmt, dass Gesellschaften bürgerlichen Rechts nur in die Gesellschafterliste eingetragen und Veränderungen an ihrer Eintragung nur vorgenommen werden können, wenn sie in das Gesellschaftsregister eingetragen sind.
Eine nicht eingetragene GbR muss sich vor dem Erwerb oder der Veräußerung von GmbH-Anteilen also in das Gesellschaftsregister eintragen lassen. Andernfalls wären der Erwerb oder die Veräußerung zwar materiell-rechtlich wirksam. Die infolge des Erwerbs oder der Veräußerung zu aktualisierende Gesellschafterliste würde gleichwohl vom Registergericht aufgrund der Registersperre des § 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG n.F. zurückgewiesen werden. Die Veränderung im Gesellschafterkreis der GmbH würden damit nicht von der formellen Legitimationswirkung der Gesellschafterliste erfasst. Der Erwerb oder die Veräußerung wären damit praktisch bedeutungslos.
Die aktienrechtlichen Regelungen ähneln denen des GmbH-Rechts. Danach kann eine GbR nur in das Aktienregister eingetragen und Veränderungen an ihrer Eintragung können nur vorgenommen werden, wenn sie in das Gesellschaftsregister eingetragen ist.
Grundbuchrechtliche Voreintragungsobliegenheiten
Verfügungen über Grundstücksrechte durch eine nicht eingetragene GbR können ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr vollzogen werden. Denn § 47 Abs. 2 GBO künftiger Fassung setzt für die Umschreibung des Grundbuchs die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister voraus.
Transparenzrechtliche Voreintragungsobliegenheiten
§ 20 Abs. 1 GwG regelt die Mitteilungspflichten bestimmter, dort näher bezeichneter juristischer Personen und eingetragener Personengesellschaften. Nach Inkrafttreten des MoPeG zum 01.01.2024 wird auch die eGbR zu den mitteilungspflichtigen Rechtsträgern im Sinne der Norm gehören.
Die nicht eingetragene GbR ist demgegenüber kein mitteilungspflichtiger Rechtsträger im Sinne des § 20 Abs. 1 GwG. Allein: §§ 11 f. GwG verpflichten Kreditinstitute, vor Eröffnung eines Kontos für eine GbR oder vor einer Transaktion die dort näher bezeichneten Angaben zur Identifizierung zu erheben und zu prüfen. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GwG künftiger Fassung hat das Kreditinstitut diese Prüfung bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts anhand eines Auszuges aus dem Gesellschaftsregister vorzunehmen.
Im Ergebnis ist damit jede Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ein Girokonto eröffnen möchte oder eines unterhält und Transaktionen vorzunehmen plant, zur Voreintragung in das Gesellschaftsregister aufgerufen.
3. Übersicht über Änderungsbedarfe in bestehenden BGB-Gesellschaften
Bestehende Gesellschaften bürgerlichen Rechts sollten eine Eintragung zum Gesellschaftsregister anmelden, wenn
- sie an anderen Rechtsträgern beteiligt sind oder sich an anderen Rechtsträgern beteiligen wollen, etwa als Gesellschafter einer weiteren eGbR, einer oHG, einer KG, einer GmbH oder als Aktionärin.
- sie über Grundeigentum, grundstücksgleiche Rechte sowie damit verbundene Rechte und Belastungen verfügen.
- sie ein Konto bei einem Kreditinstitut zu eröffnen planen oder ein solches Konto besitzen und eine Transaktion planen oder gewärtigen.
Darüber hinaus kann sich statutarischer Handlungsbedarf ergeben: Zwar muss gewiss nicht jeder bisherige BGB-Gesellschaftsvertrag an die Rechtslage nach dem MoPeG angepasst werden. Denn ein substantieller Teil der rechtlichen Rahmenbedingungen bleibt trotz neuer Vorschriften gleich. Indes: Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann das MoPeG zum Anlass genommen werden, bestehende Gesellschaftsverträge zu überprüfen.
Dies betrifft beispielsweise gesellschaftsvertragliche Regelungen zum Beschlussmängelrecht. Das MoPeG berührt das bisherige Beschlussmängelsystem des GbR-Rechts nicht. Die neu eingeführten §§ 110 ff. HGB n.F. gelten unmittelbar nur für Personenhandelsgesellschaften, eine Analogie scheidet nach ganz herrschender Meinung aus. Es bleibt damit bei der Geltendmachung von Beschlussmängeln im Wege der Feststellungsklage. Gleichwohl besteht für BGB-Gesellschaften die Möglichkeit, das System der §§ 110 ff. HGB n.F. individualvertraglich in den eigenen Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, etwa im Wege einer Verweisung („Für die Geltendmachung von Beschlussmängeln finden die §§ 110 bis 115 HGB in ihrer jeweiligen Fassung entsprechende Anwendung“). Bloß einzelne Regelungen der §§ 110 ff. HGB n.F. „herauszupicken“, soll nach bislang wohl herrschender Auffassung ausscheiden.
Die Vielgestaltigkeit der BGB-Gesellschaft bedingt jedoch, dass jede Prüfung von Änderungsbedarfen dem Einzelfall vorbehalten bleiben muss.
Ansprechpartner
Süreya Kurucu
Bauen und Immobilien, Notarielle Angelegenheiten, Wirtschaft und Finanzen